In einer Zeit, in der Mischehen zwischen Italienern und Deutschen immer häufiger vorkommen, kann es wichtig sein, von Anfang an die wesentlichen Unterschiede zwischen italienischem und deutschem Recht über Trennung und Scheidung zu kennen.
Zeiten und Regelungen der Trennung in Deutschland und in Italien:
- Deutschland: In Deutschland entspricht die Trennung einer faktischen Situation, deren rechtliche Wirksamkeit nicht von einem Richterspruch abhängt, da das Gericht sich bei der Scheidung darauf beschränkt, festzustellen, dass die Ehegatten ein Jahr lang getrennt gelebt haben, bevor es das Scheidungsurteil beschließt. Es ist also klar, dass es in Deutschland sehr schnell zur Trennung von dem Ehegatten kommen kann; dennoch wird es immer Probleme geben, solange die Parteien keine Einigung zu einem geordneten getrennten Leben bis zur eventuelle Scheidung erzielen. Deshalb können Ehegatten, die sich trennen wollen, an einen Notar oder andere zuständige Behörde wenden und einen Trennungsvertrag schließen, mit dem sie alle wichtigen (und weniger wichtigen) Fragen hinsichtlich der Verhältnisse untereinander und zu ihren Kindern gütlich regeln. Erst nach einer einjährigen Trennungszeit, die mit dem Auszug eines Ehegatten aus dem Familienhaus oder mit einer effektiven Trennung auch innerhalb der gleichen Wohnung anfängt, wird es möglich, Antrag auf einvernehmliche Scheidung bei Gericht zu stellen. Darum können die Ehegatten zusammen ersuchen oder einer der beiden kann den Antrag einreichen, während der andere zustimmt. Nach dem Trennungsjahr wird es nämlich gesetzlich unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe zerrüttet ist, weshalb das Gericht die Scheidung aussprechen kann. Widerspricht ein Ehegatte nach einjährigem Getrenntleben der Ehescheidung, führt dies nicht zwangsläufig zur Abweisung des Scheidungsantrags des anderen Ehegatten. Diesem steht dennoch zu, nachzuweisen, dass die Ehe trotzdem zerrüttet und deshalb zu scheiden ist. Dieser Beweis ist in der Regel aber nur sehr schwer zu erbringen. Insofern einer der Eheleute nicht mit der Scheidung einverstanden ist und sich Umstände erkennen lassen, dass die Ehe noch nicht endgültig gescheitert ist, wird spätestens nach drei Jahren Trennungszeit die Ehescheidung von Amts wegen ausgesprochen.
- Italien: wie es aus der obigen Darstellung hervorgeht, stellt die Vorstellung, dass es in Deutschland oder im Ausland sehr schnell und schmerzlos zur Scheidung kommen kann, ein falsches Mythos dar. Wenn es nämlich wahr ist, dass die Ehegatten in Deutschland allein durch Beendigung des Zusammenlebens zur Trennung kommen dürfen, muss man jedoch mit den Problemen rechnen, die aus der neuen Situation entstehen, solange diese nicht geregelt wird. Deshalb muss die Trennung in Italien besonders in Anwesenheit minderjähriger oder behinderter oder handlungsunfähiger wirtschaftlich nicht selbstständiger volljähriger Kinder dagegen immer unter der Aufsicht der Behörde erfolgen. Mit der Folge, dass die faktische Trennung – die unter der Bedingung möglich ist, dass ein gerechtfertigter Grund dafür besteht, wie die Unerträglichkeit des Zusammenlebens, und die Einhaltung der Fürsorgepflichten gegenüber den Kindern und dem Ehegatten sowieso gewährleistet wird – keine Relevanz mindestens zur Berechnung der gesetzlichen Frist für die Einreichung des Antrags auf die Scheidung hat. Was bedeutet, dass die Trennung in Italien immer im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Arten und Weisen erfolgen soll, die heute neben dem gerichtlichen Hauptweg zusätzliche außergerichtliche Rechtsmittel umfassen, die es den Ehegatten erlauben, kurzfristig zu einer geregelten Trennung zu kommen.
Außergerichtliche Trennung in Italien:
- Trennung bei der Gemeinde: infolge der in den letzten Jahren verabschiedeten Reformen des italienischen Familienrechts können Ehegatten, die keine minderjährigen oder behinderten oder handlungsunfähigen wirtschaftlich nicht selbstständigen volljährigen Kinder haben und eine Einigung auch durch den Beistand eines einzigen Rechtsanwaltes für beide hinsichtlich sämtlicher Fragen sowohl persönlicher als auch vermögensrechtlicher Art erzielt haben, sich durch die Gemeinde trennen lassen. Dieses Verfahren ist ohne weiteres schnell und günstig; dennoch erlaubt es den Ehegatten nicht, vermögensrechtliche Abkommen zu schließen, wie z.B. die Zuweisung der Wohnung und des Hausrats oder des Autos und im Allgemeinen die Teilung des Vermögens auch mit Bezug auf Bankverhältnisse und Wertgegenstände. Das können die Parteien durch getrennte Privatschrift oder durch andere Rechtsmittel tun, welche die Trennung regeln können, wie das s.g. „anwaltsbegleitete Verhandlungsverfahren“. Das letztere stellt das zweite Rechtsmittel dar, das den Eheleuten erlaubt, voneinander kurzfristig zu trennen, ohne sich an das Gericht wenden zu müssen.
- Trennung durch das anwaltsbegleitete Verhandlungsverfahren (s.g. „negoziazione assistita“):
nach dem Inkrafttreten des Gesetzes 164/2014 dürfen Ehegatten sich gegenseitig verpflichten, nach Treue und Glauben mit dem Beistand ihres eigenen Rechtsanwaltes zu verhandeln, um eine Einigung über alle Fragen der Trennung zu erreichen, wie den Unterhalt, das Sorgerecht, die Zuweisung des Familienhauses und der Einrichtung, die Aufteilung des Vermögens usw. Nachdem die Parteien alle Punkte besprochen haben und sich geeinigt haben, wird die Einigung schriftlich formuliert und von den Parteien unterzeichnet, sowie von ihren Rechtsanwälten, die kurz darauf sie dem örtlich zuständigen Staatsanwalt übermitteln, der deren Rechtsmäßigkeit kontrolliert und sie bestätigt. So durch die Gemeinde wie mit dem „anwaltsbegleiteten Verhandlungsverfahren“ können die Ehegatten sich durchschnittlich im Laufe von vier Monaten trennen lassen. Dennoch ist es zu erkennen, dass infolge der verabschiedeten Reformen in Italien es jetzt möglich ist, zur einvernehmlichen Trennung in kurzer Zeit auch durch den Hauptweg zu kommen, der immer die des Gerichtsverfahrens bleibt.
Gerichtliche Trennung in Italien:
- Einvernehmliche Trennung (s.g. „separazione consensuale“):
wie oben erwähnt, ist es heute in Italien möglich, sich einvernehmlich vor dem Gericht in einem Zeitraum von durchschnittlich 4 bis 6 Monaten zu trennen, obwohl viel von den einzelnen Landgerichten abhängt. Das Gerichtsverfahren für die einvernehmliche Trennung ist sowieso schnell und praktisch und erfolgt nach den folgenden Phasen:
• Die Ehegatten – auch mit dem Beistand eines einzigen Rechtsanwaltes für beide – einigen sich verhandlungsweise über die Hauptfragen der Trennung.
• Aufgrund dessen, was die Ehegatten vereinbart haben, wird ein gemeinsamer Trennungsantrag abgefasst und bei dem Gericht hinterlegt.
• Nach Empfang des Trennungsantrags setzt das Gericht den Erscheinungstermin und lässt ihn den Parteien durch die Gerichtskanzlei mitteilen;
• Bei der Verhandlung prüft das Gericht die von in dem Antrag dargestellten Trennungsbedingungen und nach einem taktvollen Versöhnungsversuch protokolliert die Einwilligung beider Parteien in die Trennung und die vereinbarten Trennungsbedingungen;
• Was im Protokoll steht, regelt es die Verhältnisse zwischen den Ehegatten (auch hinsichtlich der Kinder) bis zur gerichtlichen Bestätigung der Trennung (s.g. „omologa di separazione“). - Strittige Trennung: wenn die Ehegatten schaffen nicht, sich über die Trennungsbedingungen zu einigen, dann bleibt es nur die strittige Trennung (s.g. „separazione giudiziale“), die ein echter Zivilrechtsstreit ist, in dem jede der Parteien des Beistandes und der Vertretung eines Rechtsanwaltes bedarf und der durchschnittlich rund eineinhalb Jahre oder noch mehr im Falle von Berufung gegen das Urteil erster Instanz dauern kann. Selbstverständlich zeichnet die strittige Trennung dadurch aus, dass jede Entscheidung über die verschiedenen Fragen der Trennung dem Gericht überlassen werden, das sich über Unterhalt des schlechter gestellten Ehegatten und der Kinder, das Sorgerecht und das Umgangsrecht, die Zuweisung des Familienhauses, die Aufteilung des Vermögens aussprechen wird usw. Was bedeutet, dass jede einzelne Frage zu Konfliktgegenstand werden wird, solange jede Partei über jede Frage ihre eigenen Ansprüche durchsetzen will und auf Kompromisse nicht eingeht. Übrigens je höher der Konfliktgrad zwischen den Parteien ist, desto länger wird das Verfahren dauern, das auch nicht mit der erster Instanz enden, sondern in den nachfolgenden Instanzen fortgehen. Mit der Folge, dass die Parteien nicht nur länger warten sollen werden, bevor sie zur Trennung kommen, sondern eine beträchtliche Kostenerhöhung wegen des höheren Arbeitsaufwandes zu Lasten ihrer Verteidiger erleiden werden. Unter anderem sind diese nicht die einzigen unangenehmen Konsequenzen der strittigen Trennung, die auch den Zeitpunkt verschiebt, ab dem es möglich wird, die Scheidung zu beantragen. Nämlich wenn die Ehegatten, die sich einvernehmlich (gerichtlich oder außergerichtlich) getrennt haben, 6 Monate warten müssen, bevor sie zur Scheidung kommen dürfen, ist es anders im Falle strittiger Trennung, welche die Einleitung des Scheidungsverfahrens dem Ablauf eines Zeitraums von mindestens einem Jahr ab der endgültigen gerichtlichen Trennungsentscheidung unterordnet.
Scheidung in Italien
Wie oben gesehen, die Zeitrahmen der Scheidung hängen von der Trennungsart ab. Bei einvernehmlicher Trennung kann es zur Scheidung nach nur sechs Monaten ab dem Zeitpunkt kommen, als die Ehegatten sich endgültig voneinander getrennt haben. In diesem Falle kann man sich der außergerichtlichen Rechtsmittel der Gemeinde und des anwaltsbegleiteten Verhandlungsverfahrens bedienen, sowie des Gerichtsverfahren zur einvernehmlichen Scheidung, wenn die Parteien immer noch der Ansicht sind, im Interessen von allen ihre gegenseitigen Interessen gütlich beizulegen. Ansonsten, wie früher gesagt, muss ein Jahr ab dem endgültigen Trennungsspruch vergehen, bevor die Scheidung beantragt werden kann. Auch in diesem Falle hindert die Tatsache, dass man zur Trennung durch Gerichtsstreit gekommen ist, die Parteien nicht daran, ihre Verteidigungslinie zu ändern und für eine einvernehmliche Scheidung zu optieren, die, wie schon hervorgehoben, sowohl außergerichtlich in den Formen des Antrages bei der Gemeinde oder des anwaltsbegleiteten Verhandlungsverfahrens als auch gerichtlich durch gemeinsamen Antrag bei der zuständigen Gerichtsbarkeit erfolgen kann. Was die strittige Scheidung dagegen angeht, lässt es sich auf die für die strittige Trennung gezogenen Betrachtungen hinweisen, da das Verfahren zur endgültigen Auflösung der Ehe riskiert, über Jahre hinzuziehen, wenn mit ein wenig Zusammenarbeit und wechselseitigem Verständnis die Parteien die ganze Angelegenheit innerhalb einiger Monate abschließen können und so sowohl an Kosten als auch an persönlichem Leid einsparen.
Internationale Zuständigkeit über Trennung und Scheidung
Was die Zuständigkeit angeht, kommt in Betracht die EU-Verordnung 2019/1111, die hinsichtlich sowohl der Trennung als auch der Scheidung es vorsieht, was folgt:
- Die Zuständigkeit des deutschen Gerichts besteht, wenn in Deutschland:
• die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
• der Antragsgegner seinen gewöhnlicher Aufenthalt hat oder
• im Fall eines gemeinsamen Antrags einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
• der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat oder
• der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat und deutscher Staatsangehöriger ist. - Die Zuständigkeit des italienischen Gerichts besteht, wenn in Italien:
• die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder
• die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
• der Antragsgegner seinen gewöhnlicher Aufenthalt hat oder
• im Fall eines gemeinsamen Antrags einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
• der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat oder
• der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat und deutscher Staatsangehöriger ist.
Das entweder in Italien oder in Deutschland erlassene Scheidungsurteil ist gültig und wirksam so in dem einen wie in dem anderen Land, ohne dass ein weiteres Verfahren dazu notwendig ist. Wenn das Urteil endgültig wird, in dem Sinne, dass keine Berufung mehr gegen es möglich ist, dann darf jeder beider Ehegatten es sowohl bei dem italienischen als auch bei dem deutschen Standesamt eintragen lassen. Hinsichtlich der Vermögensfragen (Unterhalt, Aufteilung des Vermögens, Zuweisung der Wohnung usw.) stellt das Urteil, das die Trennung oder die Scheidung regelt, Vollstreckungstitel dar und der Berechtigte darf sie in die Tat sowohl in dem einen als auch in dem anderen Land umsetzen.
Über die möglichen Kosten
Was die Kosten betrifft, ist es theoretisch möglich, dass die Tatsache, dass die Ehegatten in Deutschland direkt zur Scheidung kommen können, ohne dass vorher die Trennung gerichtlich ausgesprochen wird, eine effektive Ersparnismöglichkeit mit sich bringen kann. Trotzdem steht es nicht fest, dass die Dinge immer so liegen, weil alles im Endeffekt davon abhängt, ob die Parteien in der Lage sind, sich über die Bedingungen der Scheidung zu einigen, um vom Anfang an die Gefahr eines Rechtsstreits zu vermeiden. So in Italien wie in Deutschland bleibt die Regel immer gleich: sparen Geld und Zeit die Ehegatten, die bereit sind, ihre gegenseitigen Verhältnisse so schnell und vollständig wie möglich auch hinsichtlich der Kinder vereinbarungsgemäß zu regeln. Es kann also gut sein, zu wissen, dass in Italien die Ehegatten, die sich durch die Gemeinde trennen lassen, es auch selbst machen dürfen, obschon es immer empfehlenswert ist, dass sie mindestens einen Rechtsanwalt beauftragen, der beide betreuen kann. Beratung und Beistand eines Fachmannes sind nämlich immer empfehlenswert, wenn man versichern will, dass die erreichten Vereinbarungen nicht gegen das Gesetz verstoßen, der Antrag ordnungsgemäß abgefasst und eingereicht wird und keine wichtigen Aspekte vernachlässigt werden. Der Rechtswalt wird je nach den Situationen den Mandanten das den Besonderheiten des Falles am besten geeignete Verfahren empfehlen, sei es gerichtlich oder außergerichtlich, sowie einvernehmlich oder sogar strittig. Bezüglich der Honorare über die Angelegenheiten innerhalb des Familienrechts wird es auf die Seite „Honorare“ der vorliegenden Webseite.